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Weikersheim hätte gerne Notärzte vor Ort behalten

Selbstfahrende Notärzte aus Weikersheim, die ohne Notfallsanitäter am Steuer unterwegs sind, wird es in Kürze nicht mehr geben. © picture alliance/dpa

Ab 1. Februar steht das Notarzteinsatzfahrzeug für den südlichen Teil des Landkreises wieder fest stationiert in Creglingen. Darüber gibt es Diskussionen.

Weikersheim. Ab 1. Februar steht das Notarzteinsatzfahrzeug, kurz NEF, für den südlichen Teil des Main-Tauber-Kreises wieder fest stationiert und dauerhaft in Creglingen. Der Bereichsausschuss, das zuständige Planungs- und Entscheidungsgremium für den Rettungsdienst, besetzt mit Vertretern der Krankenkassen und der DRK-Kreisverbände, des Landkreises, der Feuerwehr, der Notärzte, der Kassenärztlichen Vereinigung und der Krankenhäuser, hat dies entschieden. In Weikersheim stößt dies auf großen Unmut im Gemeinderat und Unverständnis bei den Bürgern, weil damit das bislang geduldete und gut funktionierende Selbstfahrersystem vor Ort endet und engagierte Weikersheimer Ärzte eben künftig nicht mehr ins NEF vor ihrer Türe springen und zum Einsatz fahren können.

Der Bereichsausschuss beruft sich unter anderem auf die Novellierung des Rettungsdienstgesetzes in Baden-Württemberg im Juli vergangenen Jahres. Darauf aufbauend seien vier Notarztstandorte im Landkreis ausgewiesen, um die Hilfsfristen einzuhalten: Wertheim, Tauberbischofsheim, Bad Mergentheim und Creglingen. In Weikersheim betont man, dass man Creglingen nichts wegnehmen wolle, bedauert aber gleichzeitig, dass nun im eigenen Stadtgebiet wieder ein „weißer Fleck auf der Landkarte“ entstehe, weil auch ein Rettungswagen fest in Creglingen installiert ist, ebenso in Niederstetten. Zudem, so das Argument, würden deutlich über die Hälfte der Notarzteinsätze laut Gebietsstatistik in den Bereichen Weikersheim und weiter tauberabwärts geleistet. Die FN sprachen mit verschiedenen Akteuren.

„Alles andere ist ein Irrglaube“

Kreisbrandmeister Andreas Geyer ist der Leiter der Stabsstelle „Brand-/Katastrophenschutz/Rettungswesen“ im Landratsamt und er äußert sich im Namen des Bereichsausschusses. Geyer betont: „Weikersheim war niemals Standort eines Notarzteinsatzfahrzeuges. Alles andere ist ein Irrglaube. Der Bereich Weikersheim wurde und wird auch in Zukunft primär von den Rettungswachen Bad Mergentheim, Creglingen und Niederstetten versorgt.“ Das praktizierte „Selbstfahrersystem“ sei nach altem Recht lediglich geduldet gewesen. Nach Vorgaben des Landes hätte es spätestens 2027 aufgegeben werden müssen. Der Bereichsausschuss habe beschlossen, den Notarztstandort in Creglingen zeitnah – spätestens ab 1. Februar 2025 – entsprechend den gesetzlichen Vorgaben zu organisieren. Das bedeute, dass die Rettungswache in Creglingen so ertüchtigt werde, dass künftig angemessene Räumlichkeiten für den Notarzt und den Notfallsanitäter (Fahrer) des Notarztfahrzeuges vorhanden seien. Ausschließlich mit dieser Besatzung gelte das Notarzteinsatzfahrzeug als anerkanntes Rettungsmittel, bei welchem die Einhaltung der Hilfsfristen statistisch erfasst und überprüft werde.

Peter Rösch, der CDU-Fraktionsvorsitzende im Weikersheimer Gemeinderat, stellt die Hilfsfristen nicht infrage und auch nicht den NEF-Standort Creglingen, aber er bedauert wie all seine Kollegen im Gremium doch sehr, „dass den bisherigen Notärzten in Weikersheim gekündigt wurde“, also das Selbstfahrermodell endet, obwohl es „erfolgreich lief“. Die Eintreffzeiten in Weikersheim würden „hochgehen“, moniert Rösch. Das finde keine Ratsfraktion gut.

Wir beantragen mindestens die Ansiedlung eines Rettungswagens mit dem notwendigen Fachpersonal in Weikersheim

Peter Rösch CDU-Fraktionsvorsitzender im Weikersheimer Gemeinderat

Die CDU fordere die Fortführung der bisherigen Verfahrensweise in Weikersheim bis zum Ablauf der Übergangsfrist Ende 2027, so Rösch: „Und wir beantragen mindestens die Ansiedlung eines Rettungswagens mit dem notwendigen Fachpersonal in Weikersheim“, wenn hier künftig kein NEF mehr platziert sei. CDU-Stadtrat Marcel Bauer ist Miteigentümer eines ehemaligen Einfamilienhauses in der Bismarckstraße 23, das momentan saniert wird, und bietet dies als möglichen Stützpunkt für einen Notarzt samt Notfallsanitäter in Weikersheim an. Das Angebot hier einen festen NEF-Standort zu installieren sei dem Bereichsausschuss schon übermittelt worden, berichtet Bauer.

Creglingens Bürgermeister Uwe Hehn hat währenddessen bereits öffentlich darauf hingewiesen, dass von Weikersheim aus die östlichen Ortsteile von Creglingen (wie etwa Schwarzenbronn) nicht in der zwölfminütigen Hilfsfrist zu erreichen seien. Sein Weikersheimer Amtskollege Nick Schuppert zeigt zum einen Verständnis für die Entscheidungen des Bereichsausschusses, bedauert aber zum anderen auch, dass die „bisherige pragmatische Lösung“ mit den selbstfahrenden Notärzten keinen Bestand mehr habe könne. Schuppert äußert sich zu weiteren FN-Fragen in einem extra Interview.

Die Abschaffung des selbstfahrenden Notarztes beklagt ebenso Dr. Wolfgang Willfarth, der in Weikersheim wohnt und in Creglingen praktiziert, weil dieses System im ländlichen Bereich aktuell sehr gut geklappt habe. Sein Kollege Dr. Christian Müller (Kinderarzt in Weikersheim) fährt seit 13 Jahren regelmäßig Notarzteinsätze in der Region und auch er versteht nicht, warum man „ein gut funktionierendes Modell in Weikersheim“ deutlich vor dem Ende der Übergangszeit abschafft: „Die Zeit ist ein entscheidender Faktor, wenn es um Leben und Tod geht. Es zählt oft jede Minute“, so Müller, der zudem darauf verweist, dass die Mehrzahl der Notarzt-Einsätze rund um Weikersheim und Richtung Bayern sowie tauberabwärts registriert wurde.

„Bis zu den Rändern des Landkreises müsse alles abgedeckt sein“

Der DRK-Kreisverband Bad Mergentheim ist für den Betrieb des Rettungsdienstes samt Notärzten in der Region verantwortlich und so erklärt DRK-Präsident und Leitender Notarzt Prof. Dr. Thomas Haak, dass für die NEF-Standorte der Bereichsplan entscheidend sei. Bis zu den Rändern des Landkreises müsse alles abgedeckt sein. Daraus und aus den vorgegebenen Hilfsfristen resultierten die festgelegten Rettungswachen. Zudem wolle man jedem Notarzt einen Notfallsanitäter an die Seite stellen, der als Fahrer aber auch wichtiger Helfer bei Einsätzen diene. Ab 1. Februar stünden zunächst provisorische Räume am ehemaligen Creglinger Krankenhaus für das NEF-Team zur Verfügung und auch die Besetzung der Dienste werde funktionieren, gibt sich Haak zuversichtlich. Er signalisiert aber auch Bereitschaft im Bereichsausschuss darüber zu diskutieren, „ob ein Rettungswagen in Weikersheim probeweise stationiert werden kann“.

Kreisbrandmeister Andreas Geyer ergänzt für den Bereichsausschuss noch einige Hinweise gegenüber den FN: So werde das Selbstfahrermodell bei den Notärzten nach den Vorgaben des Innenministeriums eingestellt, „weil sich der Notarzt bereits auf der Fahrt zum Einsatzort vollumfänglich auf das gemeldete Lagebild konzentrieren und darauf vorbereiten muss. Dies ist nur eingeschränkt möglich, wenn er selbst fährt.“ Deshalb habe der Bereichsausschuss bereits 2023 einstimmig die entsprechenden Beschlüsse getroffen. Das bedeute, dass die Rettungswache in Creglingen so ertüchtigt werden müsse, dass künftig angemessene Räumlichkeiten für den Notarzt und den Notfallsanitäter (Fahrer) des Notarzteinsatzfahrzeuges vorhanden sind. Die Rettungsmittelvorhaltungen in Bad Mergentheim, Creglingen und Niederstetten sieht der Ausschuss laut Geyer „als bedarfsgerecht gewählt“ an, „um die Einhaltung der Hilfsfristen bestmöglich gewährleisten zu können“.

Autor:  Sascha Bickel Redaktion Stellvertretender Reporter-Chef; hauptsächlich zuständig für die Große Kreisstadt Bad Mergentheim