Essen auf Rädern erfüllt wichtige Sozialfunktion
Das Deutsche Rote Kreuz ist mehr als nur Blaulicht und schnelle Rettungsfahrten: Der Sozialdienst unterstützt mit Essen auf Rädern Senioren im Alltag.
Bad Mergentheim. Gulasch, Käsespätzle, Tafelspitz oder auch mal eine Champignoncremesuppe: Alle diese Gerichte sind zwar köstlich, aber eben auch mit viel Arbeit am Herd verbunden. Wer das nicht mehr kann, auf solche Genüsse aber weiterhin nicht verzichten möchte, kann auf das DRK zählen.
Etwa 40 warme Mahlzeiten liefert der Kreisverband täglich an seine Kunden aus. Dabei ist große Flexibilität geboten. „Man kann noch bis neun Uhr am jeweiligen Tag Essen bestellen oder abbestellen“, erklärt Viktor Sander, der die Sozialen Dienste leitet. Jede Woche täglich oder auch nur einzelne Tage – die Möglichkeiten sind vielfältig und sollen den Kunden zugutekommen. So ist ein spontaner Besuch bei Angehörigen möglich, das Essen kann dann problemlos storniert werden. Auch Sonderwünsche sowie Unverträglichkeiten können berücksichtigt werden.
Eine eigene Kühlkammer und ein Ofen ermöglichen die flexible Handhabung der vom Cateringunternehmen Apetito gelieferten Gerichte. Gegen zehn Uhr geht es dann los, das Essen wird gewärmt und anschließend in Warmhalteboxen gepackt. Auch die optional zubuchbaren Suppen und Desserts werden dann plangemäß verpackt.
Montag bis Freitag ist die Nachfrage etwas größer, also machen sich zwei Fahrzeuge auf die jeweils bis zu 60 Kilometer langen Touren. Der laut Viktor Sander „hohe Stammkundenanteil“ hilft bei der Planung ein bisschen, liefert aber dennoch nur ein Grundgerüst. Ständig kommen neue Kunden hinzu, andere brauchen kurzfristig oder dauerhaft kein Essen mehr vom Roten Kreuz.
Zunehmender Personalmangel
Bewältigt wird das Pensum von Angestellten des Sozialdienstes, wobei laut DRK-Geschäftsführerin Anja Deister ein zunehmender Personalmangel die Arbeit erschwert. „Viele wollen zum Rettungsdienst, der überstrahlt die anderen Bereiche“, stellt sie fest.
Dabei ist die Arbeit für das leibliche Wohl im doppelten Sinne wichtig. „Es kommt auch vor, dass wir Essen liefern und feststellen, dass es den Kunden nicht gut geht. Dann wird der Rettungsdienst benachrichtigt“, schildert Anna Deister. Für viele Senioren sei der regelmäßige Kontakt mit dem Essenslieferanten wichtig. „Wir nehmen uns da auch Zeit. Da findet nicht nur die reine Lieferung statt, bei Bedarf helfen wir auch mal und schneiden das Essen für den Kunden“, schildert Viktor Sander.
Das Feedback der Kundschaft sei positiv. Und so steigen auch die Zahlen: Waren es in der Vergangenheit durchschnittlich 20 warme Essen pro Tag, hat sich dieser Wert mittlerweile verdoppelt. Zwischen 100 und 200 verschiedene Kunden im Einzugsgebiet bestellen beim DRK-Kreisverband Bad Mergentheim ihr Mittagessen.
Bislang liegt die Grenze für warme Lieferungen in Weikersheim, noch weiter von Bad Mergentheim entfernte Orte können aus logistischen Gründen nicht mit warmem Essen beliefert werden, wenngleich hier eine Lieferung tiefgekühlter Waren möglich ist.
Um 10.30 Uhr ist dann Abfahrt. Dennis Kraft und Anja Brand stellen die große Warmhaltebox in die Lieferfahrzeuge und machen sich auf den Weg. Während Kraft an diesem Tag über Weikersheim, Herbsthausen, Wachbach und Rot fährt, beliefert Brand Senioren aus Stuppach, Edelfingen, Löffelstelzen, Dainbach und Althausen. Adressen in Bad Mergentheim steuern beide an, je nach geplanter Route.
Dennis Kraft ist seit 2020 beim Roten Kreuz in der Kurstadt. Über ein Freiwilliges Soziales Jahr fand der 26-Jährige damals den Weg zum Kreisverband, mehrmals wöchentlich fährt er eine der Touren. Ein wohl ziemlich einzigartiger Bestandteil seiner Ausbildung zum Kaufmann für Büromanagement, die er beim DRK-Kreisverband derzeit absolviert.
Für ihn aber klar positiv: „Man sitzt nicht nur den ganzen Tag drinnen, sondern kommt mal raus und hat immer Abwechslung“. Kaum von der Wache in der Rotkreuzstraße losgefahren, folgt auch schon der erste Halt an der Wachbacher Straße.
Mit einem freundlichen Lächeln wird Kraft hier von einer Dame begrüßt, die sich nun auf ihr warmes Mittagessen freuen kann. In kleinen Isolierboxen bleibt das Essen noch bis zu zwei Stunden warm und gibt so eine gewisse Flexibilität bei der Tagesplanung
Zeit für die Kunden
Nach einem weiteren Stopp im Weberdorf geht es über Igersheim nach Weikersheim. Überall das gleiche Bild: Kraft wird mit einem Grinsen im Gesicht begrüßt, ein paar nette Worte und der ein oder andere Scherz sind zu hören.
Der Auszubildende wohnt zwar in Grünsfeld, hat durch seine Fahrdienste in Bad Mergentheim mittlerweile aber gute Kenntnisse in der Region.
„Irgendwann kennt man alle Wege“, erzählt er schmunzelnd. Das ist auch notwendig, manche Adressen, wie an diesem Tag ein Aussiedlerhof in Rot, sind für Unerfahrene gar nicht so leicht so finden.
Der Mitarbeiter des Roten Kreuzes nimmt sich dabei Zeit für seine Kunden, auch ein kurzes Gespräch übers Wetter ist drin und wird von den Senioren sichtlich geschätzt. „Manchmal tut man den Leuten auch noch einen kleinen Gefallen, bringt zum Beispiel den Müll runter. Da ist es schön, wenn man dann zu Weihnachten oder Ostern mal eine Kleinigkeit geschenkt bekommt“, erzählt Kraft. Auch einen Notfall hat er schon erlebt: Eine Dame war so unglücklich gestürzt, dass der Rettungsdienst zur Hilfe kommen musste.
Nach gut 90 Minuten ist die Fahrt dieses Mal schon beendet, je nach Menge der Bestellungen können diese Touren auch mal zwei Stunden dauern. Am Wochenende, wo nur ein Fahrer alle Adressen beliefert, dauert die Lieferung sogar bis zu fünf Stunden.
Während der Auslieferung ist die zukünftige Arbeit auch schon wieder gesichert: Die Fahrer verteilen dann die Menükarten für die kommenden Wochen, die bei einer weiteren Lieferung wieder eingesammelt werden.
So steht fest, dass die weißen Kleinwagen des DRK Bad Mergentheim auch in der kommenden Woche wieder für strahlende Gesichter und volle Bäuche sorgen werden.