Trainingswochenende der DRK-Rettungshundestaffel Bad Mergentheim
Spürnasen gingen auf Vermisstensuche: Suchen in unwegsamen Gelände, bergen und abseilen aus Gebäuden: Rettungshundestaffeln aus ganz Baden-Württemberg trafen sich zum Trainingswochenende.
Bad Mergentheim/Main-Tauber-Kreis/Wolferstetten. Lilo schnuppert und läuft durch das dichte Unterholz. Die junge Hündin soll eine vermisste Person suchen, die regungslos an einem Baum lehnt. Keine leichte Aufgabe für den Neuling. Cristina Römmelt ist zum ersten Mal mit ihrem acht Monate alten Tier bei einer Flächensuche dabei. Sie gibt dem Vierbeiner die nötige Zeit. Lilo steckt noch mitten in der Ausbildung. Die ist ihr quasi mit in die Wiege gelegt, denn als ihre Mutter Ruby im vergangenen Jahr die Prüfung zum Rettungshund bestanden hat, war sie als ungeborener Welpe mit dabei.
Cristina Römmelt ist Mitglied der Rettungshundestaffel beim DRK- Kreisverband Bad Mergentheim, die bereits zum elften Mal auf dem Bundeswehrgelände in Wolferstetten ein Trainingswochenende durchführt. Für Staffelleiter Michael Morstatt ein wichtiges Treffen, das nach der Zwangspause durch Corona für die 69 Mensch-Hunde-Gespanne und 18 Man-Trailer viele neue Erfahrungen brachte. Die insgesamt acht Übungseinheiten werden von Technischem Hilfswerk, DLRG und Johannitern unterstützt, die ebenfalls mit vor Ort sind.
Geübt wird in verschiedenen Gruppen auf dem gesamten Gelände, im Wald, auf den Freiflächen oder auch rund um die Häuser. „Für die Hunde ist die Suche zwar ein Spiel, aber trotzdem auch ein Hochleistungssport“, vergleicht Jasmin Ambach, Kreisbereitschaftsleiterin und stellvertretende Bereitschaftsleiterin, dies mit einem Marathonlauf. Zusammen mit Michael Morstat sind verschiedene Prüfungstrails ausgelegt, die die Hunde absuchen müssen. Alles Übungen, die jederzeit so in der Praxis auftreten können. Das Ziel: Jeder Hund soll jedes Szenario einmal durchlaufen.
Am Steinplatz neben ein paar ausgemusterten Kettenfahrzeugen ist es für die vierbeinigen Probanden ein „Kinderspiel“, hinter einem Hügel die flach liegende Person zu finden. Bevor es losgeht, wird schnell noch die „Weste“ mit dem DRK-Symbol übergezogen, damit der Flächensuchhund für alle sichtbar gekennzeichnet ist. Wie ein „geölter Blitz“ schießt der Collie dann los, um innerhalb weniger Minuten mit Bellen die vermisste Person anzuzeigen. Mit einer gehörigen Portion Streicheleinheiten von Hundeführerin und Gefundenem wird das Tier belohnt.
Ob der Wind für die Suche in der Fläche günstig ist, prüfen die Hundeführer ständig. Die Methode ist ganz einfach: Ein Babypuder wird in die Luft geblasen. Das hilft dann, die Suche besser zu koordinieren.
Eine nicht ganz einfache Station befindet sich am Bauhof des Truppenübungsplatzes. Die Hunde haben bei der freien Suche ohne Leine gleich zwei Aufträge zu erledigen. Neben einer Person, die in der Hecke sitzt, muss auch ein Vermisster zwischen zwei Hallen gefunden werden. Die Krux: Der „Zugang“ ist versperrt. „Um diese Suche erfolgreich abzuschließen, braucht ein Hund ein räumliches Vorstellungsvermögen“, macht Frieder Schaefer vom Kreisverband Reutlingen deutlich. Denn der Hund hat zwar den Geruch von vorne, der unter der Metallwand durchkommt, erreicht den Vermissten aber nicht auf direktem Weg. Entweder überwindet er das Hindernis mit einem beherzten Sprung oder sucht sich seinen – viel weiteren – Weg um das Gebäude herum. Lang braucht der Flächensuchhund nicht, bevor er sich sicher ist und die vermisste Person anzeigt. Lautstark bellt der Vierbeiner und macht deutlich, dass er erfolgreich war. Mit einem schnellen Sprung über den Container ist auch der letzte Zweifel einer geglückten Suchaktion zerstreut.
Abseilen geübt
Eine besondere Herausforderung ist für die Hunde eine andere Station. An einem Haus wird das Abseilen mit der Seilwinde geübt – mit Unterstützung des THW aus Igersheim. „Auf der Suche nach Vermissten kann das Problem auftreten, dass der Eingang nicht zugänglich ist. Dann müssen wir von außen ran“, so Morstatt. Denn im Ernstfall zählt jede Minute. „Je frischer die Spur, desto besser für die Spürnase.“
Im Geschirr hängt der Vierbeiner mucksmäuschenstill unter seiner Trainerin, bevor das Gespann langsam in den zweiten Stock gezogen wird. „Nicht jedes Tier ist dafür geeignet“, weiß Michaela Kleinschmidt von der Wertheimer DLRG. Auch für Hunde bedeute dies erst mal eine Überwindung.
„Die Rettungshundestaffel kann jederzeit und rund um die Uhr eingesetzt werden“, informiert Morstatt. Doch ohne einen offiziellen Auftrag von der Polizei machen sich die Ehrenamtlichen nicht auf den Weg.
Gerüche herausfiltern
Während die Flächensuchhunde auf dem Übungsgelände agieren, gehen die 18 Man-Trailer in Hardheim, Höpfingen und Külsheim auf die Suche nach den Vermissten in ganz unterschiedlichen Auffinde-Situationen. Sabine Konrad ist mit Border Collie Baxter in Külsheim auf Personensuche unterwegs. Geübt wird auch in Wolferstetten in den Häusern. „Baxter hat in einem Zimmer eine Person in einem Schrank gefunden“, berichtet Sabina Konrad. Dass die Spürnase den frischesten Geruch unter einigen älteren herausfiltern kann, stellt sie auch unter Beweis.
Einen „absolut gehorsamen Hund“ wollen die Partner auf zwei Beinen gar nicht erziehen. „Die Tiere dürfen auch mal ungehorsam sein, wenn es für die Suche wichtig ist. Sie müssen selbstständig arbeiten“, sagt Schaefer. Er vergleicht die Suche mit einem Kreuzworträtsel, mal sei es einfach, mal wieder schwierig. Bevor ein Tier allerdings als Flächensuchhund ausgebildet werden kann, muss er die Eignungsprüfung bestehen, ergänzt Morstatt.
Zwei Tage lang ist der große „Abenteuerspielplatz“ für die Mensch-Hunde-Gespanne aufgebaut. Dabei steht neben dem Training auch das gute Miteinander unter den einzelnen Kreisverbänden, mit den anderen Hilfsorganisationen sowie mit der Polizei und „Gastgeber“ Bundeswehr im Vordergrund. „Die Zusammenarbeit klappt super und reibungslos“, betont Michael Morstatt. Für ihn sind solche Trainings eine gute Auffrischung und ein wichtiger Erfahrungsaustausch. Das nächste wird bereits vorbereitet.